Volksstück von Simon Burkhalter, frei nach Gotthelf
Bei einer fröhlichen Tauffeier im Emmental wird eine alte Geschichte lebendig: ein Tyrann von einem Ritter, ein Pakt mit dem Teufel und eine Spinne, die sich nach jedem Vertragsbruch rasend vermehrt und Tod, Elend und Schrecken verbreitet.
Mit der Gotthelf-Novelle «Die schwarze Spinne» gelingt es Simon Burkhalter, den bekannten Stoff in einer neuen Bühnenfassung zu inszenieren. Von der Regisseurin Corinne Thalmann eindrücklich umgesetzt, ist man von der ersten Minute an gefangen. Am Anfang und am Schluss der Aufführung befinden wir uns an einem Tauffest in der Gegenwart. Dazwischen geschieht ein Zeitsprung weit zurück in die Vergangenheit und du findest dich wieder in der Erzählung, welche du vor vielen Jahren vielleicht auch mal als Pflichtlektüre in der Schule behandelt hast. Das Bühnenbild und die Kostüme versetzen dich flugs in die Zeit der schwarzen Spinne, welche zum Sinnbild für Krankheit, Armut und alles Böse wird.

So sass ich erwartungsvoll in den Rängen - eher etwas skeptisch – denn selten kannte ich den Inhalt einer Gotthelf-Novelle besser als hier. Sehr schnell liess ich mich begeistern von den Szenen, einer Taufe in der heutigen Zeit, Handys, Alkohol, Hamme und Härdöpfusalat und ziemlich viele Oberflächlichkeiten, welche den Sinn der Kindstaufe in den Hintergrund rücken liessen. Dann, vierhundert Jahre zurückversetzt in eine grausame, arme, karge Zeit, wo Bauern und Landleute unter dem Joch des Herren von Bärhegen litten.
Und plötzlich war ich mitten drin in der Novelle wie sie Gotthelf geschrieben hatte. Ob die Spinne nun in einem Baum oder einem Hauspfosten dingfest gemacht wurde, spielte keine Rolle mehr, die Handlung war so überzeugend und vor allem schon so oft neu interpretiert, der Inhalt jedoch blieb immer der selbe und kam hundertprozentig an.

Damit die Landbevölkerung ihrem Herrn die verlangte Schattenallee zu seinem Schloss auf Bärhegen bewerkstelligen konnten, schlossen sie einen Pakt mit dem Teufel, der Ihnen Nacht für Nacht einige Buchen auf Bärhegen hochbrachte und innert Monatsfrist stand die Schattenallee. Doch wer einen Pakt mit dem Bösen schliesst, muss dafür bedingungslos bezahlen. Der Grüne (Teufel, Miriam Jenni) verlangte für seine Dienstleistung ein ungetauftes Kind. Als Vertragsbesiegelung küsste er die Hebamme Christine (Nicole D. Käser), welche mit ihm verhandelte, auf die Wange. Eine schwere Entscheidung, aber die Dorfgemeinschaft glaubte, den Teufel austricksen zu können. Doch Jedesmal wenn der Teufel hintergangen wurde, schmerzte und brannte der Kuss unsäglich, bis die schwarze Geschwulst aufbrach und hunderte kleine schwarze Spinnen hinausquollen und Krankheiten verbreiteten (vielleicht die Pest?) Bei drei Geburten war der Pfarrer schneller mit der Taufe, doch beim dritten Kindlein war die Spinne plötzlich wieder da und nur der mutige Entscheid der jungen Mutter, die Spinne mit den Händen zu fassen und in dem Astloch einzupfropfen brachte endlich die Erlösung.

Und je weiter der Abend fortschritt, je mehr machte sich die Erkenntnis breit, wie sehr die Jahrhunderte alte Novelle auch heute noch ihre Aktualität hat. Die Spinne, und somit das Böse wurde in dieses Loch verbannt, nun ist man bemüht, diesen Pfropfen nie mehr auszuziehen und das Böse wieder freizulassen. Doch geschieht dies nicht immer wieder auf unserer Weltkugel?
Unterdrückung, Hunger, Armut und Krankheiten auf der einen Seite, Tyrannen, einflussreiche Regenten und Schlossherren, welche das Volk knechten, auf der andern Seite. Wie einfach wäre es doch, wenn man «das Böse» in ein Astloch stecken und mit einem Zapfen verschliessen könnte. Auch wenn dies grosse Opfer verlangt, ja den Tod bringt. Mutige Entscheide treffen, gemeinsam kämpfen und die Hoffnung nicht aufgeben, dann kann das Gute wieder einkehren.
Freilichtspiele Moosegg
03. Juli – 16. August 2025
www.freilichtspielemoosegg.ch