Herzlich, mit Stolz und viel Schwung empfängt Carmen Simon ihre Gäste im schönen Chüechlihus am Langnauer Bärenplatz. Die 35jährige Museumswissenschafterin leitet seit anfangs Jahr die Geschicke des Regionalmuseums und fühlt sich hier längst daheim. Als ob sie nie etwas anderes getan hätte, führt sie treppauf treppab durch die stimmungsvollen Ausstellungsräume und betont voller Bewunderung: «Eigentlich ist das Haus selber das Highlight unseres Museums.» Und das stimmt. Ich habe das Chüechlihus schon oft besucht. Doch jedes Mal berückt es mich bereits beim Betreten von Neuem, nimmt mich seine Atmosphäre gefangen, staune ich über den schmucken Bau und tauche immer wieder mit grossem Interesse in seine Welt von früher. Denn hier wird nicht «auf heile Welt» gemacht, sondern der Austausch zwischen früheren Zeiten und der heutigen gesucht.

«Ja, genauso verstehe ich ein Regionalmuseum,» bestätigt Carmen Simon meinen Eindruck. «Die Gegenstände sollen erzählen und zum Dialog herausfordern.» Was sie damit meint, zeigt sie an der wundersamen Töpferwerkstatt im zweiten Raum im obersten Stock des Museums. Dieses Ausstellungsgut ist ihr besonders ans Herz gewachsen, weil es sich von so vielfältigen Seiten betrachten lässt. Im Puppenhaus-Format zeigt es die Produktion der berühmten Langnauer Keramik in verschiedenen Stationen und endet mit dem Verkaufsstand am Märit.

Der aufmüpfige Stucki

Konzipiert wurde diese Miniaturtöpferwerkstatt in der bekannten Hafnerwerkstatt des der Tradition verpflichteten Töpfers Adolf Gerber. Geschaffen  wurde sie von seinem aufmüpfigen Schwiegersohn Jakob Stucki. Aufmüpfig? Ja, durchaus, denn Hafner Stucki verstand sich nicht nur als Kunsthandwerker, sondern auch als Künstler mit eigenen Ideen, bei denen schon mal mit der Tradition gebrochen oder diese neu interpretiert wurde. Das sieht man der Werkstatt an.

Nehmen wir als Beispiel die letzte Station, den Märitstand. Keck bietet hier eine junge Frau ihre Keramik an; sie wirkt modern, selbstbewusst und streckt ihre Stupsnase fröhlich obsi, gegen den Himmel. Was Schwiegervater Adolf dazu gemeint hat? Hätte er vielleicht doch lieber ein Trachtemeitschi am Stand gesehen? Wir wissen es nicht. Aber voilà: Schon stecke ich mitten im Dialog mit dem Kunstwerk und seinen damaligen Beteiligten. Carmen Simon schmunzelt.

Die erste Töpferin

Und hat gleich ein weitere spannende Episode zur Töpferwerkstatt beizusteuern. Beim Gang durchs Museum trifft sie sich mit einer Dame, welche sich in die Werkstatt vertieft und sie fasziniert betrachtet. Mit ihr zieht Carmen Simon gleich ein grosses Los. Denn die Betrachterin kann Neues zum Ausstellungsgut erzählen. Sie war eine der ersten Frauen, welche eine Töpferlehre absolvieren durfte. Der Weg dazu war steinig. Die junge Frau hat sich bei verschiedenen Hafnern beworben, aber keiner von ihnen wollte sie ausbilden. Das sei nichts für Mädchen, zu anstrengend, keine Frauensache. Einer aber gab ihr die Chance: Es war Jakob Stucki. Dafür ist sie ihm bis heute dankbar und hat deshalb zu seinen Gegenständen eine ganz besondere Beziehung.

Dieser fortschrittliche Stucki erwies sich allerdings im Alltag dann doch als ziemlich traditionell. Seine Frau und die Lehrtochter hatten die Aufträge zu bearbeiten, mal rasch hier, mal dort ein Dutzend Kaffeetasseli zu drehen, Blumenmotive  zu malen, Keramik zu verkaufen – und der Meister?, fragte die Museumsleiterin. Der machte derweil Kunst. Augenzwinkernd habe ihr das die Stucki-Lehrtochter erzählt und dazu herzlich gelacht.

Carmen Simon - Museumsleiterin

«Solche Begegnungen mit Menschen suche ich; sie sind ein Schatz,» bekräftigt Carmen Simon, «sie eröffnen mir immer wieder neue Perspektiven auf die Gegenstände und ihre Themen und daraus können wir schlussendlich Geschichte(n) am Puls der Zeit schreiben.» Deshalb möchte sie diesen Austausch mit der Bevölkerung künftig intensivieren, sie aufrufen, all den schönen Gegenständen ihre eigenen Erinnerungen beizufügen. Das hat sie sich vorgenommen.

Ich bin begeistert. Und würde mir am liebsten sämtliche Objekte von Carmen Simon präsentieren lassen. Das geht aber nicht. Denn es sind rund 25'000. Eines aber weiss ich: Das «Chüechlihus» bleibt auf meiner Agenda. Und übrigens: Carmen Simon und ihr tüchtiges Team kann man für Führungen buchen - via regionalmuseum-langnau.ch. Qualität ist garantiert.

Von: Emmental Tourismus
Text: Elisabeth Zäch
Bilder: Emmental Tourismus

Bis zum nächsten Besuch!

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